Geringer Kraftstoffverbrauch, große Effizienz und ein hoher Grad an Automatisierung machen Steyr und Case IH Maschinen zum Top-Seller.
Als im Jahr 1996 die amerikanische Traditionsmarke Case IH, deren Anfänge ins Jahr 1842 datieren, die österreichische Traktoren-Legende Steyr übernahm, entstand in Niederösterreich ein wahres Powerhouse: Heute laufen in St. Valentin mehr als 10.000 landwirtschaftliche Maschinen der Marken Steyr und Case IH vom Band. Christian Huber, Geschäftsführer CNH Industrial Österreich GmbH und Vizepräsident globales Produktmanagements für Case IH & Steyr Traktoren, gibt einen Einblick in die Philosophie des Konzerns.
Sie stellen sowohl Traktoren der Marke Case IH als auch Steyr her. Wodurch unterscheiden sich die beiden Marken?
Christian Huber: Ein Unterschied liegt sicherlich im Händlernetz. Mit Steyr sind wir verstärkt am zentraleuropäischen Markt vertreten, während wir bei Case IH über ein weltweites Händlernetzwerk verfügen. Case IH bietet im Vergleich zu Steyr zudem ein Portfolio an Erntemaschinen. Einige Unterschiede gibt es bei Details in der Fahrzeugbedienung oder Ausstattung. Während bei Case IH der Fokus auf einer Automatisierung liegt, bietet ein Steyr Traktor mehr Einstellungsmöglichkeiten wie etwa bei Allrad, Differentialsperren, CVT-Funktionen (Automatikgetriebe ohne Schaltstufen, Anm.) oder bei der Kabinenfederung. Bei Case IH blicken wir auf eine 180-jährige Tradition und Erfahrung zurück, Steyr steht seit über 75 Jahren für Spitzentechnologie und hochwertige Maschinen. Beide Marken vereint ein erstklassiger Service, zudem kommen bewährte technische Innovationen zum Einsatz, um ein Höchstmaß an Produktivität für Kunden im Agrar-, Forst- und Kommunalsektor zu gewährleisten.
Wie gelingt es, die erstaunliche Anzahl von mehr als 10.000 Traktoren vom Band laufen zu lassen?
Huber: In erster Linie ist dieser Erfolg dem Einsatz und Engagement unserer Mitarbeiter zuzuschreiben. Unser Lean Management- System hilft uns, unsere Prozesse effizient und unsere Arbeitsweise optimiert zu gestalten. So sind wir in der Lage, die Produktion so reibungslos und effektiv wie möglich zu halten. Mit einer Justin- time-Lieferung von Materialien ans Band sorgen wir zusätzlich dafür, dass die benötigten Materialien genau dann geliefert werden, wenn sie gebraucht werden. Das hält unsere Lagerbestände auf einem Minimum und erhöht den Produktionsfluss erheblich. In den letzten Jahren haben wir darüber hinaus in Low-Cost-Automatisierung, fortschrittliche Verschraubungstechnik und eine neue, hochmoderne Lackieranlage investiert.
Welches sind Ihre Kern- bzw. größten Absatzmärkte und gibt es Länder, auf die Sie derzeit einen besonderen Fokus richten?
Huber: Für CNH Industrial Österreich ist Europa, mit Fokus auf Deutschland, Frankreich und Österreich, der wichtigste Markt. International betrachtet, kommt Australien, Neuseeland und den USA eine hohe Bedeutung zu.
Was macht für Sie den Standort Österreich attraktiv? Könnten Sie im Ausland nicht deutlich günstiger produzieren?
Huber: Für uns ist der Standort Österreich aus verschiedenen Gründen attraktiv, obwohl wir uns bewusst sind, dass es sich um ein Hochkostenland handelt. Entscheidender Vorteil ist hierbei sicherlich, dass wir in Österreich sehr gut ausgebildete Mitarbeiter bekommen. Viele davon haben einen Bezug zur Landwirtschaft oder sind selbst Nebenerwerbslandwirte. Dadurch sind sie nicht nur mit den Lebensrealitäten unserer Kunden bestens vertraut, sondern wissen auch genau über deren Wünsche und Bedürfnisse Bescheid. Genau dieses Wissen ist entscheidend und fließt in ihre tägliche Arbeit mit ein, wenn sie Produkte für unsere Kunden fertigen.
Wir legen großen Wert auf die Bereitstellung von Maschinen von höchster Qualität mit dem Slogan Made in Austria. Um diese Qualität zu gewährleisten, setzen wir auf eine sorgfältige Prozessabsicherung und -optimierung. Die Prozessschritte sind hierbei so genau festgelegt und unsere Mitarbeitenden so gut geschult, dass die Fehlerquote beinah gegen Null geht.
Obwohl wir möglicherweise im Ausland zu geringeren Kosten produzieren könnten, sind wir überzeugt, dass die Vorteile eines hochwertigen Produkts, das in Österreich hergestellt wird, die zusätzlichen Kosten aufwiegen. Unsere Kunden schätzen die Qualität und Zuverlässigkeit unserer Traktoren, und wir sind stolz darauf, diesen Standard beibehalten zu können.
Wie weit hat die Digitalisierung und KI in der Welt der Traktoren bereits Einzug gehalten? Sind selbstfahrende Maschinen ein Thema?
Huber: Unsere Maschinen ermöglichen generell, aufgrund der Automatisierung und eingebauten Technologie, einen effizienten Betrieb mit geringerem Kraftstoffverbrauch und optimiertem Einsatz von Saatgut und Dünger. Die Präzisionstechnologie ermöglicht eine exakte Spurplanung mit 2,5 cm Spurgenauigkeit sowie ein automatisches Wende- und Lenksystem, um Überlappungen bei Arbeiten zu verhindern und um möglichst wirtschaftlich im Feld unterwegs zu sein. Sämtliche Betriebs- und Flottendaten können Kunden über Handy, Tablet oder Computer abrufen, koordinieren und mit den Händlern teilen, welche dadurch unsere Kunden mittels Ferndiagnosen und Softwareupdates noch schneller und effizienter betreuen können, ohne dass die Maschine in die Werkstatt muss. Ein Konzept des autonomen Fahrens haben wir letztes Jahr auf der SIMA (internationale Leitmesse für Landwirtschaft und Viehzucht, Anm.) in Paris vorgestellt.
Welche Maßnahmen mussten Sie setzen bzw. haben Sie in puncto Nachhaltigkeit bei der Produktion gesetzt?
Huber: Wir legen großen Wert auf den optimierten Einsatz von Energie, um den Verbrauch zu minimieren und Ressourcen effizienter zu nutzen. Bei uns kommen daher energieeffiziente Maschinen zum Einsatz sowie ein energieeinsparender Produktionsprozess. Derzeit arbeiten wir aktiv an der Integration einer Photovoltaik-Anlage in unserem Werk. Durch die Nutzung von Solarenergie möchten wir unseren eigenen nachhaltigen Strom erzeugen und somit den CO2-Ausstoß so gering wie möglich halten.
Geht der Trend bei Traktoren – wie bei Kfzs – ebenfalls in Richtung Elektrifizierung?
Huber: Ob für Kunden hinkünftig ein alternatives Konzept geeignet wäre, kommt auch auf die landwirtschaftliche Anwendung an. Bei Traktoren im kleineren Leistungssegment bis zu 100 PS und mit geringerer Auslastung von vier bis fünf Stunden pro Tag etwa, da sehen wir diesen Trend. Hier macht der Einsatz eines Batterie-Elektrik-Modells in den nächsten Jahren absolut Sinn. Bei leistungsstarken Traktoren hingegen wird ein Verbrennungsmotor weiterhin notwendig sein. Grund dafür ist hier die geringe Autonomie, also die eher kurze Dauer, in der ein batterieelektrischer Traktor ohne Laden oder Tanken in Betrieb genommen werden kann.
All dies kann sich in Zukunft aber natürlich noch ändern. Zudem könnte zukünftig auch eine Hybridlösung interessant sein – also ein Verbrennungsmotor in Kombination mit einem elektrischen Getriebe; wir arbeiten hier an verschiedenen Lösungen.
Wie sehr beschäftigen Sie zum einen die Verteuerung von Energie, zum anderen generell die hohe Inflation? Geben Sie gestiegene Kosten gänzlich an Kunden weiter?
Huber: In der Produktion sind wir von den gestiegenen Energiekosten nicht so stark betroffen, weil wir ein Montagebetrieb sind. Die Preiserhöhungen unserer Lieferanten und deren Komponenten spüren wir natürlich deutlich. Um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können, müssen wir diese etwa im Bereich von Stahl, Guss und Gehäuse anteilsmäßig in unsere Preiskalkulationen miteinfließen lassen.
Vor allem in den Pandemie-Jahren war die Verlässlichkeit von Lieferketten ein Problem. Hat sich das nunmehr gelegt bzw. wie sichern Sie Ihre Lieferketten ab?
Huber: Die Aufrechterhaltung der Lieferketten war insbesondere während der Pandemiejahre eine Herausforderung. Obwohl sich die Lieferketten mittlerweile verbessert haben, ist die Situation derzeit aber immer noch angespannt. Die Industrie arbeitet auf einem so hohen Niveau, dass Lieferanten derzeit an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Wir treffen hier weiterhin Maßnahmen, um unsere Lieferketten abzusichern, und arbeiten daher eng mit unseren Lieferanten zusammen, um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
Mit dem Fachkräftemangel ist die nächste Krise in der österreichischen Wirtschaft angekommen. Spüren Sie den Mangel an Arbeitskräften?
Huber: Ja, wir spüren den Mangel an Arbeitskräften, aber wir haben aktiv Maßnahmen ergriffen, um dem entgegenzuwirken. So konnten wir in den letzten zweieinhalb Jahren über 250 neue Arbeitsplätze im Betrieb schaffen, um so unseren Personalbedarf zu decken und sicherzustellen, dass wir über ausreichend qualifizierte Mitarbeitende verfügen. Der Fokus liegt aber natürlich auch auf unserer bestehenden Belegschaft; hier sind uns weitreichende Maßnahmen zur Gesundheitsförderung wie der Zuschuss zu Fahrrädern und eBikes, Sportangebote, Physiotherapie, Betriebsküche, um nur einige zu nennen, besonders wichtig, um langfristig für gute Rahmenbedingungen zu sorgen.