Die Wirtschaftsagentur Wien macht internationalen Start-ups und etablierten Unternehmen die Hauptstadt als Standort schmackhaft.
Trotz der Coronapandemie boomt Wien als Standort zur Ansiedelung von Start-ups und internationalen Unternehmen. So konnte man in der Hauptstadt im Jahr 2022 insgesamt 237 Neuansiedelungen von internationalen Betrieben verzeichnen. Gerhard Hirczi ist seit dem Jahr 2009 Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien, die vor drei Jahren auch das Start-up-Festival ViennaUP ins Leben gerufen hat.
Heuer ging zum dritten Mal das Start-up-Festival ViennaUP über die Bühne. Erklären Sie bitte die Idee dahinter und die Mechanismen, wie die ViennaUP funktioniert.
Gerhard Hirczi: Die ViennaUP ist ein internationales Standort- und Innovationsfestival, das wir kreiert haben. Dabei sind wir eine Art Gründungsmutter und Kuratorin, denn wir veranstalten das Festival gemeinsam mit etwa 35 nationalen und internationalen Partnern. Es gibt also eine Vielzahl an Veranstaltenden, die von uns zusammengehalten werden. Damit verfolgen wir zwei Ideen: Einerseits wollen wir Wien als Innovationsstandort international positionieren. Andererseits bieten wir unseren lokalen Start-ups eine internationale Bühne, um sich zu präsentieren und sie mit Investoren, anderen Start-ups, Forschern, Talent im Allgemeinen und Unternehmen zusammenzubringen.
Sie unterstützen sowohl lokale Start-ups, wollen aber auch internationale, etablierte Unternehmen dazu bewegen, sich in Wien anzusiedeln.
Hirczi: Einer unserer Schwerpunkte ist die Ansiedelung von internationalen Betrieben. Wir sind die Organisation der Stadt Wien, die dafür verantwortlich ist, möglichst viele, attraktive internationale Unternehmen nach Wien zu bringen und damit den Wirtschaftsstandort zu stärken.
Widmet man heute Start-ups mehr Aufmerksamkeit, als bereits etablierten internationalen Unternehmen?
Hirczi: Wir machen hier keinen Unterschied. Wir wissen, dass man aktiv in die Start-up-Szene hineinarbeiten muss, denn sie ist in den vergangenen zehn Jahren ein wichtiges Element jeder Wirtschaftspolitik und jeder Ökonomie geworden. Es ist unverzichtbar geworden, diese Zielgruppe zu betreuen und anzusprechen. Gleiches gilt natürlich für die klassische Wirtschaft. Es wäre ein grober Fehler, nur auf eines der beiden Pferde zu setzen. Wir haben eine Vertriebstruppe, die 24/7 unterwegs ist und akquiriert. Hier wird kein Unterschied gemacht, ob man in New York oder São Paolo mit einem Start-up oder einem großen IT-Unternehmen spricht.
Gibt es Schwerpunkte bezüglich jener Branchen, die Sie verstärkt nach Wien holen möchten?
Hirczi: Wir verfolgen die Philosophie, dass wir unsere Stärken unterstreichen. Wir sprechen solche Unternehmen an, von denen wir wissen, dass es für sie in Wien bereits ein gut ausgebildetes Ökosystem gibt. In der Wiener Wirtschaftsstrategie sind die Bereiche Life Science, IT und Digitalisierung besonders hervorgehoben. Wien gilt als Tourismusmetropole. Sieht man sich aber die Wertschöpfung und die Umsätze an, dann ist Wien vier Mal mehr eine ITMetropole und drei Mal mehr eine Life Science-Metropole. Wir arbeiten daran, dass sich das in den Köpfen der Entscheidungsträger verankert.
Allerorts beklagt man den Mangel an IT-Fachkräften, so auch in Wien. Hat Wien hier eine Entwicklung verschlafen?
Hirczi: Wir haben bei dem IT-Thema das Glück, dass es anderen Regionen nicht besser geht. Egal, ob im Silicon Valley, an der Ostküste der USA, in Deutschland oder in Bulgarien – überall suchen Unternehmen händeringend IT-Fachkräfte. Das legt den Schluss nahe, dass wir in Österreich nichts verschlafen haben. Aber wir haben auch nichts besser gemacht als die anderen, sonst hätten wir das Problem nicht. Das ist eine globale Herausforderung.
Wie schlägt sich Wien im internationalen Wettbewerb um IT-Kräfte?
Hirczi: Wien hat gegenüber anderen Städten einige Vorzüge. Wir haben mit CEE ein großes Einzugsgebiet, und viele Arbeitskräfte aus Osteuropa kommen noch immer gerne nach Wien, um hier zu arbeiten und zu leben. Das hängt auch mit der Lebensqualität zusammen. Wer sich überlegt, wo er die kommenden Jahre leben möchte, dann zählt das Argument Lebensqualität schon enorm. Die Assets, die Wien anzubieten hat, kann man als USP gegenüber anderen Städten und Regionen ins Treffen führen. Vergleicht man Wien mit anderen Metropolen, ist die Stadt extrem lebendig und nicht unangenehm überfüllt, was bei einigen unserer großen Mitbewerber bereits der Fall ist. Amsterdam, London oder Paris werden von den jungen Menschen und jungen Firmen schon wieder verlassen, weil man sich das Wohnen, das Leben und das Arbeiten in den Zentren nicht mehr leisten kann.
Ist es durch die Krisen der jüngsten Vergangenheit schwieriger geworden, Unternehmen nach Wien zu bringen?
Hirczi: Nein, es ist überhaupt nicht schwieriger geworden, das zeigen die Zahlen der internationalen Betriebsansiedelungen. Das Geschäft ist nicht eingebrochen.
Die besten Gründe, um sich in Wien anzusiedeln sind…
Hirczi: …ein ausgezeichnetes Package aus gut funktionierender Infrastruktur, einer hochentwickelten Innovations- und Forschungslandschaft und einem sehr kaufkräftigen Publikum. Vor allem kurze Wege sind besonders wichtig, kurze Wege zu vielen Entscheidungsträgern, die es Unternehmen leichter machen, ihr Business durchzuführen.