Das Geschäftsmodell, Visionen von Start-ups zu ermöglichen

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Support im Management und bei der Finanzierung: In Radstadt ermöglicht die Make Visions Group, dass großartige Ideen fruchten.

Make Visions selbst, so erklärt Gründer und CEO Martin Klässner, sieht sich nicht als klassischer Finanzinvestor. Denn abseits von monetären Mitteln stellt Make Visions aus Salzburg vielversprechenden Start-ups auch die Unterstützung mit einer eigens entwickelten Managementmethode und langjährige Erfahrung zur Verfügung. Klässner erklärt, wie er den bisher erfolgreichsten Exit aus einem Start-up erreichen konnte.

Was sofort auffällt: Ihre Webpage ist auf Englisch. Weshalb?
Martin Klässner: Wir sind sehr stark international unterwegs, und zweisprachig ist immer Mehrarbeit. Deshalb haben wir uns entschieden, das einheitlich auf Englisch zu halten. Das sind ganz pragmatische Gründe.

Erklären Sie bitte kurz das Geschäftsmodell von Make Visions.
Klässner: Wir sind eine Firmengruppe aus mehreren Gesellschaften. Mit Make Visions Capital selbst sind wir ein klassischer Investor und investieren in Frühphasenunternehmen mit Schwerpunkten in den Bereichen Energie, Robotik, Med-Tech und Life Science. Mit unseren Tochtergesellschaften, wie der Growth- Square GmbH, unterstützen wir Unternehmen jeder Größe, interne Management- und Strategiesysteme so aufzubauen, dass diese Unternehmen strategisch schnell und kosteneffizient skaliert werden können.

Weshalb haben Sie sich für die beiden Standorte Wien und Radstadt entschieden?
Klässner: Unser Headquarter haben wir nach wie vor in Radstadt in Salzburg. Ich lebe in Radstadt, und wir haben unsere erste Company ‚has.to.be‘ hier am Land aufgebaut und groß gemacht. Wir wollten auch mit den Folgefirmen hier in Radstadt als Headquarter bleiben. In Österreich ist es aber so, dass ein Großteil im IT-Umfeld nach wie vor in Wien funktioniert und die Erreichbarkeit in Wien zum Teil deutlich besser gestaltet ist. Deshalb haben wir uns entschieden, in Wien eine zweite Niederlassung aufzumachen.

Was macht gerade Radstadt als Standort interessant? Ist es am Land schöner?
Klässner: Die Gegend ist schön, und ich glaube, dass insbesondere der Pongau hervorragende Möglichkeiten bietet, IT- und Tech-Unternehmen aufzubauen. Einerseits sind IT und Tech einige der wenigen Themen, die man aus der Tourismusregion international optimal umsetzen kann. Andererseits haben wir hier sehr viele qualifizierte Mitarbeiter in der Region, die durchaus die Kompetenzen haben, im IT- und Tech-Bereich einen hochwertigen Beitrag zu leisten. Kombiniert mit wenig Wettbewerb, sind das hervorragende Standortkriterien, hier ein Unternehmen aufzubauen.

Gibt es einen Trend in der IT, von den großen städtischen Zentren abzuwandern?
Klässner: In Österreich haben wir die hervorragende Situation im Vergleich zu Deutschland, dass überall flächendeckend Highspeed- Internet zur Verfügung steht und man damit grundsätzlich nicht beschränkt ist, wo man derartige Unternehmen aufbaut. Ein ganz wichtiges Kriterium im IT-Umfeld ist, eine geringe Personalfluktuation zu haben. Wir glauben, Vertrauen schafft Innovation. Vertrauen kann nur aufgebaut werden, wenn die Mitarbeiter lange im Unternehmen sind. Da ist ein Standort am Land attraktiver als in der Stadt, wo die Fluktuation höher ist als in unserer Region.

Derzeit gibt es zwölf Investments, bei denen Sie engagiert sind. In welcher Region sind diese Start-ups beheimatet?
Klässner: Schwerpunktmäßig sind wir derzeit im D-A-CH-Bereich fokussiert, aktuell sind das zwei Unternehmen in der Schweiz, der Rest ist über Österreich und Deutschland regional unterschiedlich verteilt – von Freiburg, Darmstadt, über Berlin, Wien, bis Linz und eben Radstadt. Das ist eine gewisse Selbstbeschränkung. Wir glauben, dass es besonders bei frühphasigen Unternehmen einfach wichtig ist, einen engen Bezug zu den Gründern und dem Unternehmen selbst zu haben. Wir verstehen uns nicht als Finanzinvestor, sondern als strategischer und operativer Investor, wir unterstützen unsere Unternehmen sehr intensiv und aktiv. Trotz aller Möglichkeiten von Videokonferenzen sehen wir es als relevant, den persönlichen Kontakt nicht zu kurz kommen zu lassen. Da ist ein Radius von 1.000 Kilometern um Radstadt dienlich. Das ist kein Hard Cut für uns, aber wir versuchen, uns in diesem Radius zu bewegen, um die Unternehmen effizient unterstützen zu können.

Investieren Sie mit eigenem Kapital in Start-ups oder sorgen Sie für die Finanzierung?
Klässner: Wir selbst investieren ausschließlich 100 Prozent eigenes Kapital, aber wir unterstützen unsere Start-ups auch dabei, Folgefinanzierungen aufzustellen, meistens sogar aus unserem Netzwerk.

Wie wählen Sie geeignete Start-ups aus?
Klässner: Wir haben ein sehr intensives, aber kleines Netzwerk, in dem wir sehr gezielt auf der Suche nach passenden Unternehmen sind, andererseits bekommen wir regelmäßig Inputs und Pitches auf den Tisch. Wenn wir investieren, dann sehen wir uns ganz besonders in erster Linie das Team an. Wir investieren weniger in Geschäftsmodelle als in Personen. Wenn ich ein hervorragendes Team identifiziert habe, welches im Geschäftsmodell aber noch die eine oder andere Barriere hat, hält uns das nicht von einem Investment ab. Wir glauben, dass wir mit der Expertise, die wir beisteuern können, jedes Geschäftsmodell oder Geschäftsmodelle, die grundsätzlich Product-Market-fit sind, optimieren können. Wenn wir allerdings ein hervorragendes Geschäftsmodell, aber kein passendes Team sehen, ist das für uns ein No-Go- Kriterium, in so ein Unternehmen zu investieren.

Gibt es eine Fehlerquote und einen Prozentsatz des Kapitals, das Sie im Vorhinein als Verlust einplanen?
Klässner: Wir gehen intern davon aus, dass ungefähr 30 Prozent unserer Investments gegebenenfalls keine Rendite abwerfen werden. Ob sie deshalb zum Verlust führen müssen, sei dahingestellt. Da wir sehr frühphasig beginnen bzw. in der Pre-Seed- und Seed-Phase investieren, haben wir auch das größte Risiko. Wir glauben aber trotzdem, dass unsere Verlustrate geringer ist als bei einem reinen Finanzinvestor, da wir auch sehr stark selbst aktiv in den Unternehmen dabei sind und die Strategie und Ausrichtung der Unternehmen mit unserer Art of Acceleration-Methode, die wir einführen, ausreichend steuern können. Wenn grundsätzlich ein Product-Market-Fit gegeben ist, können wir eine nachhaltige Entwicklung des Unternehmens herstellen und gewährleisten.

Spielen nichtmonetäre Nachhaltigkeitskriterien, wie Sustainability, eine Rolle bei der Auswahl der Start-ups, in die Sie investieren?
Klässner: Wo wir nicht investieren, sind etwa das Ölgeschäft oder Waffenfabriken. Da wir derzeit ganz stark im Energy- und Med- Tech-Umfeld sind, gehen wir grundsätzlich davon aus, dass Nachhaltigkeitsfaktoren grundsätzlich erreicht sind. Wir bewerten das nicht separat, achten aber schon darauf, in regenerative Unternehmen zu investieren, in Energieoptimierung und im Life-Science- Bereich in nachhaltige Unternehmen, die ökonomische und ökologische Verbesserungen mit sich bringen.

Welches sind die drei wichtigsten Faktoren, damit Sie sich eines Start-ups annehmen?
Klässner: Wir investieren in erster Linie erst dann in Unternehmen, wenn ein grundsätzlicher Product-Market-Fit darstellbar ist. Wir versuchen, Unternehmen zu identifizieren, die ein hervorragendes Team und ein Produkt bereits aus eigener Kraft zu einem MVP (Minimum Viable Product, Anm.) entwickelt haben, und damit erste Kunden gewinnen konnten. An dieser Stelle gehen wir mit unserer Expertise hinein und stellen dieser Company auch eine Managementmethode bereit. Wir bauen mit der Managementmethode, die wir entwickelt haben, ein Unternehmenskonstrukt auf, das es ermöglicht, möglichst kosteneffizient schnell zu wachsen und zu skalieren und die Produktstrategie soweit voranzutreiben, damit man Folgefinanzierungskunden aufsetzen kann. Wir erwarten in erster Linie genau diese initiale Validierung. Bei allem, was danach kommt, unterstützen wir. Wir unterstützen bei den Finanzierungskunden, beim Aufbau der Strategy Execution Frameworks und das Team dabei, die Skalierung heben zu können.

Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Einstieg in ein Unternehmen?
Klässner: Wir versuchen, so früh wie möglich einzusteigen, allerdings so spät, dass man gesehen hat, dass ein Product-Market-Fit vorhanden und damit das Interesse am Markt für eine Kommerzialisierung gegeben ist. Wenn nur ein Konzept vorhanden ist, steigen wir nicht ein, außer wir sind zu 100 Prozent überzeugt, dass es funktioniert. In der Regel erwarten wir schon, dass die Gründer aus eigener Kapazität ein Grundprodukt soweit hingebracht haben, dass sie zumindest die ersten Kunden gewinnen konnten. Mit dem Investment, das sie dann einsammeln wollen, soll ein Produkt in die Professionalisierung gebracht, der Vertrieb aufgebaut und eine Kommerzialisierung hergestellt werden.

Sie entsenden auch Mitarbeiter in die Start-ups, um im täglichen Geschäft zu unterstützen.
Klässner: Wir haben uns ganz stark darauf fokussiert, mit unserer Unternehmensgruppe an den relevanten Stellen anzugreifen. Wir stellen unseren Unternehmen eine Rechtsabteilung bereit, was die laufenden Rechtskosten deutlich reduziert. Alle unsere Beteiligungen haben Zugriff auf unsere Rechtsabteilung und können auf ein dementsprechendes Vertragspool und auf Beratung zurückgreifen. Wir stellen Accounting- und Controlling-Expertise bereit und kümmern uns darum, die Finanzen auf Linie zu bringen und das Reporting aufzusetzen. Und wir unterstützen mit Mitarbeitern der GrowthSquare, die Art of Acceleration Managementmethode einzuführen, die es ermöglicht, People-centric die Strategie auf die Straße zu bringen, die man zwischen Gründern und Shareholdern abgestimmt hat. Wir ermöglichen, ein fokussiertes Wachstum der Unternehmen zu fördern und verstehen uns da eigentlich als Expert Consultant. Und die Gründer können Skalierungsphasen heben, ohne zuvor diverse Learning- Phasen zu durchlaufen.

Was ist das Einzigartige an Ihrer Managementmethode und kann man sie lernen?
Klässner: Die kann man erlernen. Unser erstes Unternehmen haben wir von zwei Mitarbeitern auf nunmehr 250 entwickelt und frühphasig den Versuch unternommen, die OKR-Methode (Objectives & Key-Results, Anm.) als Strategy Execution-Modell einzuführen. Wir sind sehr schnell draufgekommen, dass die US-Mentalität in einem europäischen Kontext nicht überall reibungslos funktioniert. Einerseits ist die Mentalität der Personen anders, andererseits lässt die OKR-Methode sehr viel Freiheit, wie Themen umgesetzt werden. Das hat oft sehr negative Auswirkungen auf die Effizienz- und besonders auf die Kosteneffizienz-Faktoren. Deshalb haben wir begonnen, eine eigene Managementmethodik zu entwickeln, die Bestandteile der OKR-Methode beinhaltet, sich aber doch sehr stark individualisiert hat. Aus dieser Methodik, die wir Art of Acceleration genannt haben, entwickelten wir ein Framework, das sich in Unternehmen jeder Größe einführen lässt. Das ist ganz gezielt darauf ausgerichtet, eine abgestimmte Strategie jedem Mitarbeiter inhaltlich zugänglich zu machen und die Aktionen zum Erreichen der Strategie so zu Papier zu bringen, dass sich dort ein Reporting und vor allem Monitoring der Strategy Execution umsetzten lässt. Das fokussiert sich darauf, dass eine hohe Mitbestimmungsmöglichkeit der Mitarbeiter gewährleistet ist, und dass die bereitgestellten Ressourcen so effizient wie möglich verwendet werden, um so billig wie möglich das Unternehmenswachstum zu generieren.