Die weltweit effizienteste Wärmepumpe stammt aus Tirol

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Zwei junge Ingenieure mischen die Szene auf und konstruieren in Eigenregie Wärmepumpen der neuesten Generation.

Die Erfolgsgeschichte von Lambda Wärmepumpen liest sich wie ein modernes Märchen à la Apple. Es begannen zwei junge Ingenieure in Brixen im Thale das bisherige Prinzip von Wärmepumpen zu hinterfragen und bastelten in Eigenregie einen eigenen Prototyp. Man schrieb das Jahr 2019, als die erste Wärmepumpe mit dem sogenannten 3K-Prozess in Betrieb genommen wurde und Florian Entleitner und Florian Fuchs ihre Firma Lambda Wärmepumpen gründeten. Das Besondere: Die Wärmepumpen aus Tirol können relativ einfach in Bestandsgebäude eingebaut werden und funktionieren mit bestehenden Heizkörpern. Etliche Förderungen und Auszeichnungen später produzieren die beiden Tiroler an die 3.000 Wärmepumpen pro Jahr, und zwei Joint Ventures im Ausland laufen prächtig. Gründer Florian Entleitner lässt einen Blick hinter die Kulissen des spannenden Start-ups zu.

Lambda gibt den Wert zur Wärmeleitfähigkeit eines Baustoffs an. Der Firmenname war also nicht willkürlich gewählt.
Florian Entleitner: Der griechische Buchstabe Lambda steht für die Wärmeleitfähigkeit, was sehr gut zu uns passte. Wir konnten den Übergang der Wärme von der Luft in das Kältemittel in Wärmepumpen stark verbessern und erreichen eine hohe Wärmeleitfähigkeit.

Wärmepumpen gelten als das Allheilmittel zur Vermeidung von fossilen Brennstoffen. Stimmt das aus Ihrer Sicht?
Entleitner: Je höher die Temperatur ist, die man bereitstellen muss, desto ineffizienter werden Wärmepumpen. Früher war es üblich, dass Wärmepumpen in Neubauten als Fußbodenheizung eingebaut wurden, und das funktioniert auch gut. Für Heizkörper in Bestandsgebäuden waren sie eher nicht geeignet. Das hat sich in den vergangenen Jahren extrem gewandelt. Speziell unser Produkt kann eine hohe Effizienz vorweisen, und man kann auch mittels Heizkörpern effizient heizen. Möchte man einen Heizkörper mit bis zu 55 Grad betreiben, klappt das bestens und man kann es kostentechnisch gegenüber fossilen Brennstoffen argumentieren. Braucht man 70 Grad, dann werden die Betriebskosten mit Erdgas derzeit noch günstiger sein.

Bei Ihnen in Brixen im Thale in Tirol wird es im Winter extrem kalt. War das eine Inspirationsquelle bei der Konstruktion und ein Selbstversuch unter Extrembedingungen?
Entleitner: Das ist tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil. Bei Wärmepumpen ist der Abtauprozess manchmal ein kritischer Moment. Vom maschinenbaulichen Aspekt muss man hier einiges testen und umbauen, da die Theorie oft nicht so einfach in der Praxis funktioniert, und Abläufe nicht simuliert werden können. An diesem Standort mit langen Heizperioden und knackigen Temperaturen im Winter kann man Probleme frühzeitig erkennen und Gegenmaßnahmen setzen.

Was kann man sich unter dem Abtauprozess vorstellen, den die meisten Menschen eher von Kühl- und Gefrierschränken her kennen?
Entleitner: Eine Wärmepumpe entzieht der Außenluft Energie. Dadurch kühlt die Luft ab, und es kann passieren, dass die Temperatur unter den Taupunkt rutscht. Dann gefriert Wasser am Luftwärmetauscher, und die Wärmepumpe muss ab und zu abtauen. Das funktioniert automatisch, ohne zusätzlichen Handlungsbedarf. Wenn es draußen knapp unter null Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit hat, kann es sein, dass alle eineinhalb Stunden kurz abgetaut werden muss. Dabei wird der Prozess umgekehrt, was zwei bis drei Minuten dauert. Das merkt man im laufenden Betrieb aber nicht.

Weshalb haben Sie sich auf das Thema Wärmepumpen spezialisiert?
Entleitner: Mein Partner und ich hatten bereits in der Branche gearbeitet, also war das Thema für uns nicht unbekannt. Wir haben beide Energie- und Verfahrenstechnik studiert und Thermodynamik hat uns schon immer fasziniert. Meine Masterarbeit hatte das Thema ‚Wärmeübergang in Luftwärmetauschern für Wärmepumpen‘. Dabei entdeckten wir ein Konzept, das noch nicht umgesetzt wurde, und machten uns an die Arbeit.

Wärmepumpen galten lange als groß, laut und aufwendig zu installieren. Was hat sich hier technisch verändert?
Entleitner: Es gibt Luft-, Erdreich und Grundwasserwärmepumpen, wobei in den vergangenen Jahren der Trend eindeutig zu Luftwärmepumpen ging, da die Effizienz immer weiter angestiegen ist. Unsere Luftwärmepumpen sind in Bezug auf die Betriebskosten äußerst konkurrenzfähig gegenüber Erdreichwärmepumpen, und die Investitionskosten sind deutlich günstiger. Die Schallbelastung ist ein großes Thema, aber das bekommt man in den Griff. Dabei arbeiten wir viel mit Schallschutzhauben und mit gut dimensionierten Ventilatoren, die in Drehzahlbereichen betrieben werden, in denen es wenig Schallemissionen gibt.

Ihre Geräte sind also auch für den Einsatz in dicht verbautem Gebiet tauglich?
Entleitner: Man muss die Planungsrichtlinien beachten, dafür gibt es Schallrechner wie von der Wärmepumpe Austria oder von den Bundesländern. Dabei wird der nötige Abstand zum Nachbargrundstück anhand des gewählten Modells berechnet. Bei einem Einfamilienhaus auf der grünen Wiese ist so gut wie alles machbar, bei einem Reihenhaus ist man ein wenig eingeschränkter. Aber auch eine Dachterrasse oder ein Balkon können unter Umständen für das Aufstellen einer Wärmepumpe geeignet sein. Das muss man sich im Einzelfall anschauen. Grundsätzlich gilt, dass ein guter Luftwechsel benötigt wird, die Wärmepumpe sollte nicht in einer Nische stehen, und es muss eine Möglichkeit geben, das Kondenswasser abzuführen.

Ihre Wärmepumpe gilt als effizienteste der Welt in ihrer Klasse. In welcher Klasse?
Entleitner: In unserem Fall ist das auf eine Luftwärmepumpe bezogen. Es gibt diverse Effizienzkriterien wie den SCOP-Wert (die Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpe innerhalb verschiedener Betriebszustände, Anm.). Bei Niedertemperaturanwendungen erreichen wir einen SCOP von 5,7, bei Heizkörpern hat die Wärmepumpe einen SCOP von 4,5. Das bedeutet, man erhält das 4,5-Fache des eingesetzten Stroms an Wärme, welche über ein ganzes Jahr benötigt wird. Bei beiden Kriterien liegen wir bei Luftwärmepumpen vorne.

Wie gelang es Ihnen, eine derartige Effizienz zu erreichen und die internationale Konkurrenz abzuhängen?
Entleitner: Manchmal ist es ein Vorteil, wenn man sich einem Thema ohne Vorbelastungen nähert. Wir konnten bei Null beginnen und eine Wärmepumpe konzipieren, ohne uns an betriebsinterne Standards halten zu müssen und das frei entwickeln. Wir haben einen sehr hohen Wärmetransport, also beim Übergang von der Luft auf das Kältemittel über den Luftwärmetauscher. Die hohe Effizienz erreichen wir, da wir eine spezielle Strömung im Luftwärmetauscher in den Kältemittel führenden Bauteilen, in den Rohrleitungen, erzeugen können. Ende der 1990er-Jahre gab es dazu bereits Versuche von Forschungseinrichtungen, allerdings konnte man dabei den Betriebszustand nicht stabil halten. Dieses Problem konnten wir lösen. Wir haben eine gebrauchte Wärmepumpe, bei der uns nur der Luftwärmetauscher gut gefallen hat, um 900 Euro gekauft und umgebaut. Nach unzähligen Umbauten, Messungen und Vergleichen in einem Simulationsprogramm sind wir draufgekommen, wie es am besten funktioniert. Daraus haben wir unser Serienprodukt entwickelt.

Was verstehen Sie unter dem 3K-Prozess?
Entleitner: 3K steht für die Temperatur von drei Kelvin. Das ist bei uns die durchschnittliche Temperaturdifferenz, die wir zwischen Luft- und Verdampfungstemperatur benötigen. Je höher der Wärmeübergang, desto geringer kann die Temperaturdifferenz gehalten werden. Normale Wärmepumpen brauchen zwischen acht und zwölf Grad Temperaturdifferenz, damit der Prozess funktioniert. Da wir nur drei Grad Unterschied benötigen, ergibt sich eine höhere Effizienz. Pro ein Grad weniger benötigte Temperatur ergibt sich eine Energieersparnis zwischen zwei und vier Prozent.

Einer der großen Vorteile Ihrer Wärmepumpe ist, dass der Betrieb auch in Bestandsgebäuden mit alten Heizkörpern möglich ist.
Entleitner: 90 Prozent unserer Wärmepumpen werden bei Sanierungen oder im Altbau verwendet. Physikalisch ist es immer besser, wenn man mit niedrigeren Temperaturen auskommt, denn dabei steigt die Effizienz. Meist kommt man bei älteren Heizkörpern auf 50 bis 55 Grad maximale Vorlauftemperatur (jene Temperatur, die im Heizkörper ankommt, Anm.), was ausreicht.

Wie schützt Ihre Wärmepumpe bei der Warmwasserbereitstellung vor Legionellen?
Entleitner: Das ist eigentlich dem Kältemittel geschuldet, denn wir verwenden das natürliche R290, also Propan. Damit erreichen wir eine Vorlauftemperatur von bis zu 70 Grad. Legionellen vermehren sich bei Temperaturen ab 35 Grad und sterben bei 60 Grad durch eine thermische Desinfektion ab. Dabei wird kein Zuheizen, etwa mit einem Heizstab, benötigt, um eine thermische Desinfektion zu gewährleisten.

Weshalb verwenden Sie Propan als natürliches Kältemittel?
Entleitner: Das setzt sich derzeit durch. Synthetische Standardkältemittel gelten als sehr starke Treibhausgase und werden von der EU im Rahmen eines Stufenplans bis zum Jahr 2030 mehr oder weniger verboten. Eine natürliche Alternative ist Propan, das über einen Faktor von drei GWP (Global Warming Potential) verfügt, während das künstliche Kältemittel R410A ein GWP von ca. 2.000 aufweist. Auch neu entwickelte synthetische Kältemittel liegen bei 200 bis 500 GWP, deshalb setzen sich natürliche Kältemittel derzeit durch. In Deutschland wird die Verwendung von natürlichen Kältemitteln, wie Propan, explizit zusätzlich gefördert.

In den vier Jahren des Bestehens Ihrer Firma Lambda konnten Sie diverse Preise gewinnen und Förderungen erhalten. Hilft das beim Verkauf?
Entleitner: Es hilft auf jeden Fall. Wir haben bisher nur sehr wenig Marketing betreiben müssen. Unsere Firma hat sich ganz natürlich entwickelt, da wir durch unsere Effizienzkennzahlen auf den Förderlisten ganz oben standen und einige Preise gewonnen haben. Durch zufriedene Endkunden und Heizungsbauer haben sich tolle Partnerschaften entwickelt. Auch die Mundpropaganda war sehr wichtig. Seit drei Jahren können wir ein Wachstum von 300 Prozent jährlich verzeichnen und das ganz ohne Investitionen in Marketing.

Wie viele Wärmepumpen produzieren Sie?
Entleitner: Wir sind mitten in der Serienproduktion. Im Jahr 2022 haben wir 1.000 Wärmepumpen hergestellt, 2023 werden es insgesamt 3.000 sein, und 2024 sind bis zu 7.000 Stück geplant. Das Material dafür wurde bereits bestellt. Zusätzlich haben wir vor Kurzem zwei Joint Ventures in Deutschland und Italien gegründet, die bereits 2023 nach dem Anlaufen der Produktion etwa 1.200 Stück in Lizenz produzieren. Wir sind auf einem recht guten Weg.

Wann kann man Lambda-Aktien kaufen?
Entleitner: Die gibt es leider nicht. Aber unsere Wärmepumpen sind ab etwa 15.000 Euro (zzgl. Installationskosten, Anm.) netto zu haben.