Mit viel Innovationskraft und Mut zur Veränderung

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Verpackungsmaterialien aus Kunststoff, Schaumstoff für Matratzen und Medizinprodukte brachten die Greiner AG an die Weltspitze.

Weltweit führend ist die nicht börsennotierte Greiner Aktiengesellschaft, wenn es um Kunststoff- und Schaumstofflösungen geht. Die Unternehmen der Greiner AG sind dabei in drei Kompetenzbereiche aufgeteilt: Greiner Packaging erzeugt Verpackungen aus Kunststoff für den Food- und Non-Food- Bereich; Neveon ist eine weltweit führende integrierte Schaumstoffgruppe und bietet Polyurethan Weich- und Verbundschäume für vielfältigste Einsatzgebiete; Greiner Bio-One ist ein Global Player im Bereich Medizintechnik und Life Science. Mehr als 11.000 Mitarbeiter an 120 Standorten in 34 Ländern sind für den oberösterreichischen Konzern tätig. Die Diversifikation von Produkten und Märkten, Innovation und Globalisierung bilden gemeinsam mit einer nachhaltigen Unternehmensausrichtung die Basis für kontinuierliches, ertragsorientiertes Wachstum. Hinzu kommt das eigene Ausbildungszentrum am Greiner Campus in Kremsmünster. CEO Axel Kühner verrät Erfolgsrezepte und skizziert den Weg zur Nachhaltigkeit von Verpackungen.

Einerseits Verpackungsmaterialien aus Kunststoff, Schaumstoffe unter anderem für Matratzen und Medizinprodukte – auf den ersten Blick sind das völlig verschiedene Tätigkeitsfelder. Haben die drei Sparten, abseits vom gemeinsamen Konzerndach, Gemeinsamkeiten?
Axel Kühner: Die drei Sparten Greiner Packaging, Greiner Bio-One und Neveon vereint das Thema Kunststoff. Schaumstoffe sind schließlich auch eine Form von Kunststoffen; es handelt sich in allen Fällen um Produkte, die unser Leben einfacher und besser machen sollen. Durch die Verpackungen aus Kunststoff werden Lebensmittel geschützt und sind länger haltbar. Die Schaumstoffe sorgen für den Komfort in Matratzen, Sofas, aber auch Autositzen. Und Produkte für die Medizintechnik sollen helfen, dass Menschen schneller und besser medizinisch behandelt werden können.

Sind alle Bereiche innerhalb des Konzerns gleichberechtigt oder gibt es Schwerpunkte?
Kühner: Alle drei Spartenunternehmen sind gleich wichtig.

Von der weltweit ersten Petrischale aus Kunststoff bis zum heutigen Portfolio – was macht die Produkte von Greiner so besonders, dass Sie einer der weltweit führenden Anbieter werden konnten?
Kühner: Wahrscheinlich liegt das an der Innovationskraft, denn das Unternehmen hat in seiner 155-jährigen Geschichte immer wieder Mut zur Veränderung gezeigt. Begonnen hat alles mit der Produktion von Korkstopfen, und wenn man stur nur daran festgehalten hätte, hätten wir viele Chancen verpasst. Auch jetzt befindet sich Greiner in einem umfangreichen Transformationsprozess, bei dem es vor allem darum geht, wie Kunststoffe noch nachhaltiger produziert und welche Alternativen gefunden werden können.

Kunststoff bzw. Plastik hat kein besonders glänzendes Image, ist aber aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken und jeder benutzt es. Wie gehen Sie mit diesem Phänomen um?
Kühner: Plastik und Nachhaltigkeit ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Natürlich landen leider auch unsere Produkte im Meer und im Wald und wir sind bestrebt, mit der Kreislaufwirtschaft dem entgegenzuarbeiten. Kunststoff sorgt aber auch dafür, dass Lebensmittel länger haltbar sind. Außerdem braucht Kunststoff weniger Energie in der Herstellung sowie im Gebrauch als etwa Metall und Glas. Da unsere Produkte aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken sind, haben wir hier einen enormen Hebel und eine große Verantwortung, wenn es darum geht, Emissionen zu reduzieren.

Was kann man sich unter dem Begriff ‚nachhaltige Plastikverpackungen‘ vorstellen?
Kühner: Nachhaltig sind Verpackungen beispielsweise dann, wenn sie recyclingfähig, mehrwegfähig oder kompostierbar sind. Genau das ist unser Ziel bis 2025 für sämtliche Verpackungen von Greiner Packaging. Wir haben noch nicht endgültig alle Antworten auf die Frage, wie wir das erreichen, aber wir arbeiten täglich daran, um diesem Ziel näherzukommen.

Wodurch werden Sie in Ihren Geschäftsfeldern in Zukunft nachhaltiger werden bzw. ist sogar eine Plastik-Kreislaufwirtschaft möglich?
Kühner: Wichtig ist, dass wir das Thema Recycling bereits beim Produktdesign mitdenken. Wir haben außerdem im Jahr 2022 ein serbisches Recyclingwerk gekauft, um die benötigten recycelten PET-Flakes selbst herstellen zu können. Zudem versuchen wir auch, den Kunststoffanteil in unseren Produkten so gering wie möglich zu halten. Ein Beispiel dafür ist der K3-Joghurtbecher, der aus einer dünnen Kunststoffwand und einem Kartonwickel besteht. In der neuen Version dieser Greiner-Erfindung lösen sich Kunststoff und Karton aufgrund des Drucks in der Sortiermaschine sogar automatisch voneinander. Solche Produkte sind es, die den Markt verändern.

Forschen Sie an Plastik-Ersatzstoffen?
Kühner: Durchaus – ein Beispiel dafür ist unsere jüngste Tochterfirma Greiner Zeroplast. Das ehemalige Start-up entwickelt biobasierte Stoffe aus Fasern, Wachs oder Kalk, die dann in der industriellen Spritzgussfertigung zum Einsatz kommen sollen. Wir unterstützen Greiner Zeroplast bei der technischen Umsetzung der Idee bis hin zur Serienreife der Produkte. Über unsere Innovationsschmiede Greiner Innoventures sind wir zum Beispiel auch an dem Start-up Hempstatic beteiligt, das Schallschutzpaneele aus Nutzhanf produziert. Wir sind also immer an neuen Materialien interessiert, wenn wir darin zukunftsträchtige und vor allem nachhaltige Innovationen sehen.

Die Greiner AG ist seit ihrer Gründung zu 100 Prozent in Familienbesitz. Welche Vorteile bringt das mit sich?
Kühner: Diese Eigentümerstruktur hat den Vorteil, dass langfristige Ziele immer wichtiger sein werden als schnelle Gewinne. Die Familie denkt schließlich nicht in Quartalen, sondern in Generationen. Auch wenn die Familie Greiner nicht mehr operativ im Unternehmen tätig ist, spürt man den ‚Familienspirit‘ in der Unternehmenskultur, indem wir versuchen, die Werte der Familie zu leben. Und das ist in dieser schnelllebigen Zeit etwas sehr Wertvolles. Zudem wirken die Eigentümer auch über ihre Rolle im Aufsichtsrat.

Welche Auswirkungen haben die Verteuerung von Energie, Rohstoffen und Arbeitskraft auf die Greiner AG?
Kühner: Die Kunststoffindustrie ist zum Glück nicht so energieintensiv wie etwa die Metalloder die Papierindustrie, aber natürlich haben wir die volatilen Energiepreise zu spüren bekommen. Die Rohstoffsituation betrifft vor allem den Schaumstoffbereich; hier sind die Einkaufspreise hoch und teilweise auch gar nicht alle benötigten Mengen verfügbar. Die Inflation erhöht zudem den Druck auf die Löhne und damit auch auf die Produktionskosten. Unter diesen Rahmenbedingungen haben wir im Geschäftsjahr 2022 dennoch ein beachtliches Ergebnis erzielt.

Sie verfügen über mehr als 11.000 Mitarbeiter in 34 Ländern. Was schätzen Sie am Wirtschaftsstandort Österreich, der ja nicht einer der günstigsten ist?
Kühner: Genau deshalb müssen wir die besten sein! Neben der zentralen Lage in Europa oder dem attraktiven Investitionsumfeld sind es mit Sicherheit auch die qualifizierten Arbeitskräfte, die für den Wirtschaftsstandort Österreich sprechen. Beispielsweise sucht die Lehrausbildung im internationalen Vergleich ihresgleichen. Dadurch gelingt es uns, die spezialisierten Fachkräfte, die wir brauchen, selbst auszubilden. Dennoch wird der Fachkräftemangel zu den größten Herausforderungen der kommenden Jahre zählen. Grund dafür ist auch die demografische Entwicklung – Stichwort Pensionierungswelle versus geburtenschwache Jahrgänge.

Ihre Zentrale befindet sich im oberösterreichischen Kremsmünster. Was macht diese Marktgemeinde als Firmensitz attraktiv?
Kühner: Wir sind weltweit tätig, aber in Kremsmünster zu Hause. Und auch wenn wir mittlerweile einen stetig wachsenden Standort in Wien haben – um auch dort das Arbeitsmarktpotenzial zu nutzen –, werden wir immer ein oberösterreichisches Unternehmen sein. Erste Ende 2022 haben wir, gemeinsam mit dem Land OÖ und der Gemeinde Kremsmünster, die neue Greiner-Brücke eröffnet, die wir mit 1,45 Millionen Euro, also zu etwa einem Drittel der effektiven Baukosten, mitfinanziert haben. Diese Brücke erhöht die Verkehrssicherheit in der Region und steht auch symbolhaft für die Verbindung, die es zwischen den Menschen in Kremsmünster und Greiner gibt.

Welche Vorschläge bzw. Wünsche hätten Sie an die Politik, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu stärken?
Kühner: Im Hinblick auf den Fachkräftemangel müssen wir uns viel proaktiver dem Thema Zuwanderung stellen. Die Politik muss sich mehr trauen, zu sagen, warum qualifizierte Zuwanderung so wichtig ist. Und sie muss auch dafür sorgen, dass die Frauenerwerbsquote steigt. Wir können es uns nicht mehr leisten, zu einem großen Teil auf das Arbeitskräftepotenzial der Frauen zu verzichten, weil es nicht genug Kinderbetreuungseinrichtungen gibt und es sich nicht lohnt, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Natürlich braucht es die Wahlfreiheit, aber es muss deutlich attraktiver und einfacher werden, Vollzeit zu arbeiten. Die Abschaffung der kalten Progression war hier ein richtiger Schritt, aber da muss noch mehr passieren. Es ist allerdings auch wichtig, dass wir den gesellschaftlichen Willen zu mehr Teilhabe und Diversität entwickeln.

Wo orten Sie die größten Herausforderungen in den kommenden Jahren?
Kühner: In der Verfügbarkeit von gut qualifizierten Fachkräften. Natürlich führen hohe Energiepreise zu einer Transformation und einer Verschiebung von Produktion. Die energieintensive Industrie wird immer dort hingehen, wo es die besten Standortfaktoren gibt. Das ist eine normale, wirtschaftliche Veränderung. Die Frage für Österreich ist: Was können wir besser als andere? Dabei geht es nicht um die niedrigsten Produktionskosten, sondern um Expertise, um Innovationskraft und neue Technologien. Daher ist es auch so wichtig, dass wir mehr in Bildung und Ausbildung investieren. Dort wird in Zukunft die Musik spielen.

Können Sie sich eine Welt ohne Plastik vorstellen?
Kühner: Nein. Oder um es in Anlehnung an Loriot zu sagen: ‚Ein Leben ohne Kunststoff ist denkbar, aber nicht sinnvoll‘.